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MdB Willy Banse

Willy Banse, MdB der 2. Wahlperiode des Deutschen Bundestages

Den Naturfreunden ist es zu verdanken, dass Willy Banse nach Offenbach kam. „Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang Willy Banse, seine Kölner Heimat zu verlassen. Naturfreunde halfen ihm, in Offenbach am Main eine Wohnung zu finden“, schreibt die „Offenbach-Post“ [1]


[1] siehe Anhang Nr. 1  Abschrift aus der „Offenbach-Post“ vom 05.05.1953

Willy Banse war 1953 der SPD-Kandidat für den Wahlkreis 144 (Offenbach Stadt und Landkreis). Er setzte sich bei dieser Wahl gegen den CDU-Kandidaten Karl Kanka durch. Damit wurde er Mitglied der 2. Wahlperiode des Deutschen Bundestages von 1953 bis 1957. Bei der Wahl am 06.09.1953 erhielten in Offenbach die SPD 22.405, die CDU 18.567, die FDP 4.900, die KPD 2.334 und die DP 7.639 Stimmen. In einem undatierten Brief wendet sich Willy Banse nach der Wahl an seine Wählerinnen und Wähler:
„Ein hart geführter Wahlkampf ist vorüber. Die sozialdemokratische Partei stand in diesen Wochen im Mittelpunkt massiver Angriffe aller anderen politischen Parteien. … Ich freue mich darüber, dass es meiner Partei im Wahlkreis Offenbach gelungen ist, nicht nur fast 13.000 Stimmen gegenüber der ersten Bundestagswahl, sondern auch noch einmal 5.000 Stimmen gegenüber dem an sich schon sehr guten Landtagswahlergebnis hinzuzugewinnen. Ich betrachte diese Tatsache als einen Dank an die SPD für ihre hervorragende kommunalpolitische Arbeit…….“ [1]

Bei der Wahl für die 3. Wahlperiode konnte sich Willy Banse nicht mehr gegen Karl Kanka durchsetzen. Am 15.09.1957 unterliegt der SPD-Kandidat dem CDU-Bewerber mit dem denkbar geringen Unterschied von 26 Stimmen. Zum ersten Mal, seit Wilhelm Liebknecht 1877 den Wahlkreis gewann, wird hier ein nichtsozialistischer Kandidat gewählt.[2]

In einer Veranstaltung der Historischen Kommission der Offenbacher SPD zur Thematik „Offenbach und die SPD in den 50er Jahren“ am 14.06.2013 erinnerte sich der Journalist Lothar Braun an diese Zeit: „Im Wahlkampf ´57 kam es zur Verärgerung von Banse und der SPD über die Berichterstattung der OP (Offenbach-Post). Er boykottierte die OP, diese berichtete nichts mehr über ihn, sein Wahlergebnis war entsprechend.“ Zu Beginn des Jahres 1955 hatte Willy Banse offensichtlich noch ein gutes Verhältnis zu OP. Davon zeugt ein Brief an den Herausgeber der OP, Udo Bintz, vom 14. Januar 1955. In diesem Brief bittet er darum, einen Artikel über seine Arbeit zu veröffentlichen. Der Artikel, so Banse in diesem Brief, „wurde während der Bahn-Rückfahrt von Bonn nach Offenbach geschrieben, und dem Glücksfall, dass der Zug fast zwei Stunden Verspätung hatte, ist es auch zuzuschreiben, dass er mit dem Einlaufen in den Bahnhof fertig wurde“. In dem sehr persönlich gehaltenen Artikel beschreibt Banse seinen Alltag in Bonn, berichtet von den zahlreichen und umfangreichen Unterlagen, die er zu bewältigen hat. Darüber hinaus beklagt er etwas ironisch die Unmengen an Post, die ihn auch zu Hause erwarten: „Obwohl ich für die Vierzigstunden-Woche bin, muss ich mal wieder Überstunden machen. Und am Montagmorgen bin ich wieder in Bonn“. [3]

Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 1953 veröffentlichte die OP am 05.05.1953 einen ausführlichen Artikel über Willy Banse mit dem Titel „Kandidat der SPD Willy Banse: Politik aus Leidenschaft“[4] Vielleicht trug dieser Artikel zu seinem Wahlsieg 1953 bei.

Willy Banses Lebenslauf stellt sich nach den Angaben des amtlichen Handbuches des Deutschen Bundestages für die 2. Wahlperiode von 1953 und dem Handbuch des Deutschen Bundestages, herausgegeben von Fritz Sänger, sowie dem Archiv der Offenbacher SPD wie folgt dar:

Willy Banse wurde am 18.04.1911 in Köln geboren. Von 1917 bis 1921 besuchte er die Evangelische Volksschule und von 1921 bis 1925 das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln. Seine Lehre absolvierte er von 1925 bis 1928 als Pharmazie-kaufmann bei der „Hageda“, Handelsgesellschaft Deutscher Apotheker AG in Köln. Im Jahr 1926 tritt er dem Zentralverband der Angestellten (ZdA) und der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) in Köln bei. 1928 wird er Mitglied der SPD und des Reichsbanners. 1929 erfolgt sein Beitritt zu den Naturfreunden in Köln: 1932 tritt er zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) über. 1933 muss er Köln aus politischen Gründen verlassen. Bis 1935 ist er arbeitslos. Dann hat er bis zum Kriegsbeginn 1939 wechselnde Anstellungen in Arzneimittelfirmen in Erfurt, Frankfurt, Darmstadt und Krefeld. 1935 heiratet er eine Offenbacherin. Das Paar bekommt zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn.

Von Kriegsbeginn bis Kriegsende ist er Soldat, danach ist er bis 1946 in Kriegsgefangenschaft. Seine Familie wurde 1944 in Offenbach ausgebombt. Die Familie wurde nach Kirchbracht im Vogelsberg evakuiert. Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft Ende März 1946 tritt er sofort wieder in die SPD und die Gewerkschaft IG Druck und Papier ein. Außerdem wird er wieder Mitglied der Naturfreunde und Mitglied des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) und der Arbeiterwohlfahrt (AW).

Ab 1946 beginnt seine journalistische Tätigkeit für mehrere Zeitungen und Zeitschriften sowie den Rundfunk. Ab 1947 wird er Parteisekretär (Wetzlar und Offenbach/Main). In Offenbach folgt er in dieser Funktion Horst Engel. Von 1948 bis 1951 ist er Mitglied des Kreistages in Wetzlar und fungiert als stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Im Mai 1952 wird er Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag des Landkreises Offenbach. Seit 1951 wohnt er in Mühlheim, Kreis Offenbach, in der Waldstr. 11.

Seit dem 06.09.1953 bis zum Ende der Legislaturperiode ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Folgenden Ausschüssen gehörte Banse an:

Ausschuss für Geschäftsordnung (O) ab 24.10.1955
Ausschuss für Petitionen (O)
Ausschuss für Kommunalpolitik (St)
Ausschuss für Außenhandelsfragen (St.) ab 19.09.1956
Ausschuss für Sozialpolitik (St)
Ausschuss für Wiederaufbau und Wohnungswesen (O) ab 19.09.1956.

Über sein Privatleben ist wenig festgehalten. Er war freireligiös, leidenschaftlicher Pfeifenraucher und er las gerne. Zeitgenossen haben ihn als wahren „Bücherwurm“ in Erinnerung. Zudem war er Schachspieler, hatte aber für beide Hobbies nur wenig Zeit.

Einiges erfährt man noch aus dem Artikel der OP vom 05.05.1953: Sie beschreibt ihn als mittelgroßen, flinken Politiker mit dem straff nach hinten gekämmten Haar und der dicken Hornbrille. Weiter schätzt sie ihn als leidenschaftlichen Politiker und glücklichen Familienvater mit zu wenig Zeit für seine Frau und Kinder. Im Alter von 14 Jahren, so die OP weiter, hat ihn ein evangelischer Pfarrer, der Mitglied der SPD war, mit den Forderungen der Arbeiterbewegung bekannt gemacht. Als 18jähriger ist er dann selbst der SPD beigetreten. Während der Nazizeit teilte er das Schicksal vieler Sozialdemokraten, sechsmal verlor er seine Stellung. „Vorübergehend in Thüringen beschäftigt, zog es ihn doch immer wieder in die Lederstadt zurück. Hier wohnte seine Braut Else, die Tochter des Sozialdemokraten Willi Stock. Sie hatte selbst bis 1933 aktiv in der Parteiarbeit der SPD gestanden. Im Jahre 1935 schloss sie mit    Willy Banse den Bund fürs Leben.“

Am 16.04.1965 ist Willy Banse verstorben.
Anlage Nr. 3

Faltblatt Willy Banses zur Bundestagswahl am 06.09.1953:

Anlage Nr. 3

Faltblatt Willy Banses zur Bundestagswahl am 06.09.1953:
WB- Ein persönliches Wort AN SIE (Innenseiten)



[1] siehe Anhang Nr. 2 Brief Willy Banses anlässlich der Bundestagswahl 1953, ohne Datum, ohne Adressat

[2] Wolfgang Reuter: Zwölf Offenbach Sozialdemokraten 1870 bis 1970, Offenbach 2004, S. 175

[3] Brief an Udo Bintz vom 14.01.1955, und Artikel von Willy Banse im Anhang dieses Briefes, Archiv der Offenbacher SPD

[4] siehe Anhang Nr. 1  Abschrift aus der „Offenbach-Post“ vom 05.05.1953

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