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Stadträtin Else Herrmann

Else Herrmann, geborene Don, kam am 15. Januar 1895 in Leonberg, bei Stuttgart, zur Welt. Ihr Vater Jakob Don war Schuhmachermeister, ihre Mutter Johanna war Hausfrau. Das Ehepaar hatte 14 Kinder. Die Vorfahren der Familie gehörten der religiösen Reformbewegung der Waldenser an. Sie waren im 18. Jahrhundert aus dem katholischen Frankreich vertrieben und nach Württemberg gekommen. Jakob Don wurde sehr früh Sozialdemokrat. Er war während Bismarcks Kampf gegen die „Umtriebe der Sozialdemokratie“ und der von Bismarck initiierten Sozialistengesetze mehrfach inhaftiert. Jakob Don war insgesamt sechs Jahre in Haft.

 Die Familie kam 1904 nach Offenbach. Else Herrmann lernte nach dem Besuch der Volksschule den Beruf der Stepperin. Diesen Beruf übte sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges aus. Sie war viele Jahre als Stepper-Meisterin tätig. 1915 heiratete sie den Sozialdemokraten und Stockarbeiter August Erich Willi Herrmann. Er war zwei Jahre älter als sie. Das Ehepaar bekam drei Söhne und eine Tochter.  August Erich Willi Herrmann kam aus dem Ersten Weltkrieg schwer kriegsbeschädigt zurück. Deshalb musste Else Herrmann durch ihre berufliche Tätigkeit die Familie ernähren. Politisch aktiv wurde sie erst nach 1945, obwohl sie bereits 1928 wohl aus Familientradition SPD-Mitglied geworden war. Bis 1933 allerdings war sie Vorstandsmitglied bei den Kinderfreunden. Die Nationalsozialisten nahmen Else Herrmann ins Visier und unter Beobachtung, mehrfach wurde sie von der Gestapo festgenommen. Während des Krieges war sie mit ihrem Betrieb, der Firma Adolf Weinrich nach Garmisch-Partenkirchen ausgelagert.

Als der Nazi-Terror vorbei war, bedurfte es politisch unbescholtener Frauen und Männer für einen demokratischen Neuaufbau. Else Herrmann gehörte zu ihnen. Als sich im Herbst 1945 die Offenbacher SPD wieder gründete, war Else Herrmann als einzige Frau dabei und gehörte dem Parteivorstand an.

 Ihr Mann starb 1946 im Alter von nur 52 Jahren an den Spätfolgen seiner Verletzungen aus dem Ersten Weltkrieg. Ihre Kinder waren inzwischen alle erwachsen, ihr Sohn Erich war im Zweiten Weltkrieg gefallen. Else Herrmann widmete sich nun mit ganzer Kraft der sozialen und politischen Arbeit in Offenbach. Die beiden Kinder Anna Strüb, später Ebert und Kurt Herrmann, waren durch die Mutter mit eingespannt, die in Offenbach vorhandene Not zu beseitigen. Ihre Tochter Anne (Änne) leitete gemeinsam mit Frieda Rudolph eine Volksküche für bedürftige Offenbacher Familien. Ihr Sohn Kurt war bei der Spruchkammer um die Naziherschafft aufzuarbeiten. Von 1946 bis 1948 war sie SPD-Stadtverordnete, Mitgründerin der SPD-Frauengruppe und deren langjährige Vorsitzende. Ebenso wie Margarethe Steinhäuser und Frieda Rudolph gehörte sie zu den Frauen, die energisch und engagiert zupackten, um die schlimmen Folgen des Naziregimes, des Krieges und die allgemeine soziale Not und das Elend zu lindern.

 Else Herrmann war Mitgründerin des Überparteilichen Frauenverbandes in Offenbach und lange in dessen Vorstand aktiv. Sie beteiligte sich an der Hilfe für Offenbach, organisierte mit amerikanischer Hilfe die Quäker-Speisung in den Schulen und half bei der Gründung der Wärmehalle und der Nähstube in der Gabelsbergerstraße für die notleidende Bevölkerung. Solange die Siegermächte die Freien Wohlfahrtsverbände noch nicht wieder zugelassen hatten, übernahm sie zusammen mit Rektor Fritz Hammerstein Verantwortung für die „Hilfe für Offenbach“, das hieß in erster Linie Verteilung von Care-Paketen an Familien in Not.

 Als die US-Militärregierung schließlich die Wohlfahrtsverbände wieder erlaubten, gehörte Else Hermann zu den Gründungsmitgliedern der Arbeiterwohlfahrt. Die AWO wurde neben ihrem politischen Engagement über viele Jahre zu ihrem bedeutenden Lebensinhalt.

 Bis 1960 war sie Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt in Offenbach. Hier setzte sie sich besonders für Kinder und alte Menschen ein. Bereits 1946 organisierte sie zusammen mit Ludwig Crönlein, ihrem Sohn Kurt Herrmann, ihrer Tochter Anna Ebert, Willi Barbier, ihrem Schwiegersohn Richard Ebert, Gretchen Steinhäuser, Liesel Klein und viele anderen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern die erste Stadtranderholung, zuerst beim Naturfreundehaus auf der Rosenhöhe und dann im Hainbachtal. In der Bismarckstraße richtete sie für die AWO einen Kinder- und Jugendhort ein, den Lisbeth und Ludwig Crönlein leiteten. Zusammen mit vielen freiwilligen Helferinnen machte sie die Stadtranderholung für Kinder im Hainbachtal zu einer konstanten Einrichtung. In den 60er Jahren wurde von der Stadt die Altentagesstätte am Hessenring gebaut und in die Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt übergeben. Von Anfang an war sie hier aktiv. Heute trägt diese Einrichtung ihren Namen. 1948 war Else Herrmann als erste Frau in den Offenbacher Magistrat gewählt worden. Der Wahl vorausgegangen war ein Antrag des überparteilichen Frauenverbandes mit der ausdrücklichen Forderung, eine Frau in den Magistrat zu wählen. Else Herrmann gehörte als ehrenamtliche Stadträtin dem Magistrat bis 1960 an. Ihre Zuständigkeit waren die Dezernate Kindergärten, Jugendhorte, Beratungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte. Sie war Stellvertreterin des hauptamtlichen Sozialdezernenten und Mitglied in verschiedenen städtischen Gremien. Außerdem vertrat sie den Magistrat offiziell in Vereinen und Verbänden.

 Else Herrmann schied 1960 aus dem aktiven politischen Leben aus. Der Bundespräsident verlieh ihr das Bundesverdienstkreuz. Die Stadt Offenbach zeichnete sie mit dem Ehrentitel „Stadtälteste“ und der Bürgermedaille in Silber aus. Außerdem erhielt sie den Ehrenbrief des Landes Hessen. 1966 wurde sie von der Arbeiterwohlfahrt in den Ruhestand verabschiedet. Die AWO dankte ihr mit der goldenen Verdienstspange. Bis zu ihrem Tod leitete sie die Altentagesstätte am Hessenring. Else Hermann starb am 30. Juni 1977 im Alter von 82 Jahren in Offenbach. Ihr Wahlspruch war: „Wir helfen all denen, die sich nicht selber helfen können!“

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