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Stadtverordnete Frieda Rudolph

Engel der Alten und Einsamen

 Frieda Rudolph sagte von sich selbst: "Bei mir ist die politische Betätigung sozusagen eine erbliche Belastung. Schon mein Urgroßvater war ein badischer 48er. Mein Vater war aktiv in der sozialistischen Bewegung. Man erlebt immer wieder, wie einseitig Politik unter männlicher Führung ist. Darum erstrebe ich in der Politik denselben natürlichen Ausgleich, der auch Grundbedingung unseres Familienlebens ist."

Frieda Rudolph, geborene Staibitz, wurde am 15. Dezember 1889 in Mainz geboren. Ihr Vater war Schmiedemeister, ihre Mutter Hausfrau. Ihre Eltern waren aktive Sozialdemokraten und schon während der Bismarck-Regierung und seinen Sozialistengesetzen  politisch, wenn auch illegal tätig. Frieda Rudolph wurde so schon als Kind mit sozialistischem Gedankengut vertraut. Sie war eine konsequente Pazifistin und korrespondierte mit der international renommierten Friedenskämpferin Berta von Suttner.

Frieda Rudolph wurde 1917 Leiterin des städtischen Jugendhortes in Offenbach.1918 heiratete sie den Journalisten Alwin Rudolph, der für sozialistische Zeitungen in Deutschland und der Schweiz schrieb.1918 gründet sie zusammen mit dem Gewerkschafter und späteren Widerstandskämpfer  Wilhelm Leuschner  den Arbeiterjugend-Verein für Stadt und Kreis Offenbach.

Frieda Rudolph war von 1923 bis 1933 Stadtverordnete in Offenbach. Schwerpunkte ihrer politischen Arbeit waren ihr Engagement für eine Schreibreform, für eine Mädchenfortbildungsschule, eine Arbeitsschule und eine Reformschule. Sie arbeitete im Ausschuss für freie Volksbildung, hielt viele Vortrage und wirkte vor allem in der Sozialistischen Arbeiterjugend und in der  SPD-Frauenarbeit mit.  Zusammen mit pädagogisch Interessierten  gründete sie in Offenbach den sozialistischen  Erziehungs­ verband „Die Kinderfreunde“.

In der SPD kämpfte Frieda Rudolph engagiert für ihre pazifistische Grundhaltung. Als die SPD-Reichstagsfraktion 1931 dem Bau eines Panzerkreuzers zustimmte, wechselte Frieda Rudolph zur Sozialistischen Arbeiterpartei, der SAP, der sich auch der junge  Willy Brandt   anschloss.

Von 1933 an beobachteten sie die Nationalsozialisten und nahmen sie nach mehreren Hausdurchsuchungen für  einen Monat in Schutzhaft. Während der Nazi-Herrschaft stand sie unter Polizeiaufsicht. In  jenen schweren Zeiten zog sie sich immer wieder auf das ehemalige Freizeitgelände der Arbeiterjugend in Obertshausen zurück.

Sofort nach Kriegsende wurde sie  wieder politisch aktiv. Zunächst als Gründungsmitglied der Arbeiterpartei des  Gewerkschafters und  ewigen Rebellen Heinrich Galm. Die Arbeiterpartei wollte das Trauma der gespaltenen Arbeiterbewegung vor 1933 überwinden, erlangte aber über Offenbach hinaus kaum politische Bedeutung.

Zusammen mit  Christine Kempff, Lena Braun, Anne Salzmann, Frieda Henn, Grethe Steinhäuser und Franziska Boll gründete sie in Offenbach den Überparteilichen Frauenverband, dessen Vorsitzende sie bis 1963 blieb. Wie schon in den 20er Jahren verband Frieda Rudolph auch jetzt wieder praktische Sozialarbeit mit kommunalpolitischem Engagement, vor allem für alte Menschen, deren alltägliche Lebenssituation nach dem Krieg besonders schwierig war. Die Gemeinschaftsküche und die Wärmehalle des Oberparteilichen Frauenverbandes waren vor allem ihr Werk.

Von 1946 bis 1960 war Frieda Rudolph Stadtverordnete,  bis 1951 für die Arbeiterpartei, dann für die SPD. Schwerpunkte ihres kommunalpolitischen  Einsatzes  waren der Aufbau von Schulen, der Bau von Sozialwohnungen, eines Hallenbades und die Verbesserung der allgemeinen Versorgungslage. Sie setzte sich für die Eingliederung von Flüchtlingen ein und stritt  gegen die Wiederbewaffnung der jungen Bundesrepublik.

Als die Wärmehalle 1956 in der Gabelsberger-Straße geschlossen wurde, regte Frieda Rudolph zusammen mit der Christdemokratin Christine Kempff den Bau eines Rentnertagesheimes am Linsenberg an. Das war Offenbachs  erste Bürgerinitiative. Die Stadt stellte das Baugrundstück zur Verfügung. Das Haus entstand in Selbsthilfe. Unter Leitung des Maurerpoliers Wilhelm Marschall  errichteten Mitglieder     von Parteien und die Bauarbeiter der Gewerkschaft IG Bau-Steine-Erden das Gebäude. Sachspenden erlaubten eine gemütliche Einrichtung. ln  Anlehnung an das Aufbauprogramm der Amerikaner für Deutschland wurde die Aktion  später Offenbacher Marschallplan genannt. Der Träger des Projektes war und blieb der Überparteiliche Frauenverband. 1962 wurde die Altentagestätte nach Frieda Rudolph benannt.

 Altersbedingt schied Frieda Rudolph 1960 aus der Stadtverordnetenversammlung aus. Sie  forderte bereits zu jener Zeit ein Konzept für selbständiges und selbstbestimmtes Wohnen alter Menschen. Im Überparteilichen Frauenverband blieb sie weiterhin tätig.

1962 verlieh ihr die Stadt Offenbach  den Ehrentitel Stadtälteste. Die Presse nannte sie Engel der  Alten und Einsamen.

Frieda Rudolph starb am 18. März 1966 in Offenbach.

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