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Stadtverordnetenvorsteher Fritz Remy

Fritz  Remy wurde am 29. Oktober 1879 in Offenbach geboren. Hier besuchte er die Volksschule. Hier erlernte er den Beruf des Werkzeugmachers. Schon sein Vater war Metallarbeiter, genauer Eisendreher. Nach Abschluss seiner Lehre ging Remy wie damals üblich auf die Walz. 1901 erhielt er den Einberufungsbefehl zur Kavallerie nach Kollmar. Vom Wehrdienst zurück, trat er in die Offenbacher Schraubenfabrik Moschel ein. Siebzehn Jahre stand er dort an der Werkbank. 1907 erlebte er seinen ersten Streik. Nach mehreren Wochen wurde eine Lohnerhöhung von 1,17 Mark pro Woche erreicht.

1909 heiratete Remy seine Frau Barbara, geborene Scherer, evangelisch, aus Dieburg, von Beruf Zuschneiderin. Das Paar hatte drei Kinder. Es verlor die einzige Tochter Anneliese bei einem Verkehrsunfall. Kinder  seines Sohnes Philipp leben in München, sein Enkel Manfred in Offenbach. Eine Enkelin, Dr. med. Inge Meyer, lebt in Michelstadt/Odenwald. Sie erinnert sich lebhaft wie sie mit ihrem Großvater, der  begeisterter Kickers-Fan war, Gruppenspiele zur Deutschen Fußballmeisterschaft im Frankfurter Waldstadion besuchte.

Zurück aus dem ersten Weltkrieg trat Fritz Remy, seit 1905 Mitglied des Metallarbeiterverbandes, 1917 der SPD bei. Auf einer Konferenz des SPD-Unterbezirks Offenbach-Dieburg wurde er zum Parteisekretär gewählt. Im Offenbacher Abendblatt stellt er sich vor und bittet um Unterstützung bei seiner schweren Aufgabe. In weiteren Veröffentlichungen, erinnert Remy die Parteikassierer an fällige Quartalsabrechungen und weist darauf hin, dass er gern Referenten zu  Versammlungen vermittele.

Er selbst spricht zum Beispiel am 1. September 1921 im Ortsverein Dietesheim; Thema „Front gegen die Reaktion“ oder bei einer Unterbezirkskonferenz einen Tag später über organisatorische Fragen und  Bildungsbestrebungen der SPD. Am 6.9.1921 redet er in einer gut besuchten Frauenversammlung über die anstehenden Landtagswahlen. Das gleiche Thema behandelt er am 10.9.192 in Mühlheim und am 22.9.1921 im Offenbacher Lokal Roth. Auch bei der außerordentlichen Kreiskonferenz am 25.9.1921 spricht  er nach Wilhelm Weber, dem damaligen Landesvorsitzenden, über die Agitation zur Landtagswahl.

So geht es Schlag auf Schlag. Ein Termin folgt dem anderen. Jeden Abend ist Remy mit dem Fahrrad unterwegs zu Versammlungen, Sitzungen, Konferenzen. Der 42-jährige Werkzeugmacher wird von heute auf morgen zum Parteiredner, das heißt, er hatte einen fulminanten Start in die Offenbacher Politik. Es scheint, dass seine Reden in Stadt und Kreis gut angekommen sind, denn bei den Kommunalwahlen 1922 steht Remy auf einem sicheren Platz auf der SPD-Liste für den Stadtrat (wie die Stadtverordnetenversammlung damals hieß) und für den Kreistag. In beide Gremien wird Remy gewählt  und arbeitet dort aktiv mit. Zuletzt ist er Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. In vielen Diskussionen kreuzt er rhetorisch die Klinge mit Nazis und Kommunisten. Am 24. April 1933 hatte er ein Angebot zu unterbreiten, das ihm schwerfiel: Im Interesse der Bürger wolle die SPD-Fraktion sachlich mitarbeiten. Und am 24. Mai 1933 bei der Eröffnungssitzung des neuen Stadtrats wiederholte Remy im Auftrag seiner Fraktion das Angebot. Zu dieser Sitzung waren die Sozialdemokraten nur unter großen Bedenken gekommen. In München und anderen Städten waren Sozialdemokraten von der SA unter großem Gejohle aus dem Saal gedroschen worden. Remy hat später der Zeitung erzählt, wie er diesen Tag erlebt hat. Wie es war, als die SPD-Leute in die Aula der Werkkunstschule kamen. Da war „der Saal mit Nazis dicht besetzt. Hinter den Stühlen standen kräftige SS-Männer. Die Bedrohung war unverkennbar. Nach dem NS-Sprecher sprach ein Zentrumsvertreter und gelobte treue Mitarbeit. Dann kam ich an die Reihe. Ich betonte, dass wir nur mitarbeiten könnten, wenn man uns alle Rechte gewähre, die in der Geschäftsordnung festgelegt seien“.

Dieser Versuch einer vorsichtigen Anbiederung hat den Demokraten nichts genutzt. Wenige Tage nach seiner Rede holte die Gestapo Remy ab und schleppte ihn in das KZ Osthofen. Aus dem KZ entlassen blieb er für Jahre arbeitslos, bis er Arbeit als Werkzeugmacher bei der Firma Schmaltz fand. Noch einmal im Zuge der „Aktion Gitter“ zerrten in die Nazis in das KZ Dachau. Remy überlebte und kehrte zurück mit der Auflage, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden.

Unmittelbar nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes stand Remy für den Wiederaufbau zur Verfügung. Beim Landkreis Offenbach leitete er die Fürsorgestelle. Da konnte er vielen Menschen direkt helfen: Ausgebombten, Wohnungslosen, Arbeitslosen, später Flüchtlingen und Vertriebenen. Auch zur parteipolitischen Arbeit fand er rasch zurück. Kaum ließ die amerikanische Militärregierung die Gründung demokratischer Parteien zu, half Remy bei der Wiedergründung der Offenbacher SPD.

Am 8. September 1945 leitete er die historisch bedeutsame erste Mitgliederversammlung in der Gaststätte Bartmann in der Feldstraße. In den neu gewählten Vorstand brachte er seine reichhaltigen kommunalpolitischen Erfahrungen ein. Als die Offenbacher 1946 ihre Stadtväter wählen durften, stand Remy auf Platz 1 der SPD-Liste. Wieder machte ihn die SPD-Fraktion zu ihrem Vorsitzenden. 1948 wählten ihn die Stadtverordneten einstimmig zu ihrem Vorsteher. Das blieb er bis 1956.

Die Kommunalwahl 1952 brachte der SPD deutliche Gewinne und18 Sitze. Das Schlimme an diesem Wahlergebnis war der Erfolg der Deutschen Partei unter Führung des früheren NS-Oberbürgermeisters Dr. Helmut Schranz, die mit 12 Sitzen sogar die CDU überrundete, die auf 8 Sitze zurückfiel. Diese Mehrheitsverhältnisse  änderten sich während der Wahlperiode erheblich.    Stadtverordnete der Arbeiterpartei traten zur SPD über, dann löste sich die Arbeiterpartei ganz auf. Aus der DP-Fraktion trat das Ehepaar Bössert und dessen Schwiegersohn Müller aus und ersuchte die SPD-Fraktion um Aufnahme. Danach stellte die SPD-Fraktion mit 24 Stadtverordneten die Hälft des Parlaments und natürlich den Stadtverordneten-Vorsteher. Nach wie vor Fritz Remy.

Als Remy seinen 75.Geburtstag feierte, wusste die Zeitung zu berichten, der Jubilar sitze ungeachtet seines Alters Tag für Tag am Schreibtisch im Büro der Stadtverordnetenversammlung und bereite Tagesordnungen und Vorlagen für Ausschüsse und Kommissionen vor.

1956 nahm er sein fortgeschrittenes Alter zum Anlass, seinen Rückzug aus der Parlamentsarbeit anzukündigen. Es war jedoch offenes Geheimnis, dass er mit der Aufnahme seines politischen Intimfeindes Galm in die SPD ganz und gar nicht einverstanden war und sich deshalb nicht mehr für die Stadtverordnetenliste nominieren ließ. Über seine letzte Sitzung im Oktober 1956 wusste die Zeitung zu berichten, sie sei in Harmonie verlaufen. In seinem Rechenschaftsbericht habe Remy von 360 Ausschuss- und 63 Plenarsitzungen gesprochen und sein Bedauern ausgesprochen, dass die Selbstverwaltung  mehr und mehr eingeschränkt werde, weil der Stadt immer mehr staatliche Aufgaben übertragen wurden, ohne dass dafür ausreichende Geldmittel zur Verfügung gestellt würden.

Am Ende der Sitzung lobten alle Sprecher die Objektivität, die Remy als Vorsteher allzeit walten ließ.

 Fritz Remy starb am 28. Januar 1961, 89jährig, nach kurzer Krankheit in Offenbach.

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