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Wilhelm Weber

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Wolfgang Reuter

Vor 60 Jahren ist Wilhelm Weber in Offenbach gestorben.

Im Offenbach des vorigen Jahrhunderts war er eine bekannte und einflussreiche Persönlichkeit: Wilhelm Weber, bis ins hohe Alter gewerkschaftlich und politisch aktiv. Noch mit 80 Jahren fährt er fast täglich per Fahrrad ins Gewerkschaftshaus.

Der gelernte Metallschleifer beginnt seine Karriere 1907 als Erster Bevollmächtigter des Metallarbeiter-Verbandes in Offenbach. 1914 zieht er in die Stadtverordneten-Versammlung ein. Für drei Jahre muss er zum Fronteinsatz in Frankreich. 1918 leitet er im Arbeiter-und-Soldatenrat, dem späteren Volksrat, den Militärausschuss. Gegen den Kapp-Putsch 1920 bildet er einen Aktionsausschuss, der eine Kundgebung auf dem Wilhelmsplatz organisiert. An die 20tausend Menschen kommen. Eine Resolution wird beschlossen, „Dieser Staatsstreich der Reaktion ist ein Verbrechen am Volk!“

Ab 1924 agiert der umtriebige Gewerkschafter als Sekretär des Offenbacher Gewerkschaftskartells. Im gleichen Jahr wird er Abgeordneter im Landtag des Volksstaates Hessen-Darmstadt. Mitglied der SPD ist bereits seit 1907 und seit 1920 ihr Landesvorsitzender in Hessen-Darmstadt. Mehrfach für den Reichstag nominiert, rückt er 1931 in den Reichstag ein. Als Nachfolger des verstorbenen hessischen Abgeordneten Dr. David. Mit der SPD-Fraktion votiert er im März 1933 gegen ein Ermächtigungsgesetz, das die deutsche Demokratie ihrem Todfeind Hitler ausliefert. In namentlicher Abstimmung stimmt Wilhelm Weber gegen dieses Gesetz, weil damit die politischen Freiheiten und Grundrechte abgeschafft werden. Im Mai 1933 wird er verhaftet und kurzzeitig in Schutzhaft genommen. Danach ist er sieben Jahre arbeitslos. Er versucht, sich mit einem Wasserhäuschen eine Existenz zu schaffen, aber die Nazis verhindern es. Für seine Familie eine harte Zeit. Erst 1941 findet Weber eine Anstellung als Registrator im Bankhaus Hengst.

Im zivilen Widerstandsnetz, das sein Freund Wilhelm Leuschner insgeheim knüpft, gehört Weber zu dem Personenkreis, der nach einem Erfolg des militärischen Widerstands, für den Wiederaufbau demokratischer Strukturen in unserer Stadt und in Hessen vorgesehen ist. Da Hitler den Anschlag überlebt, startet die Gestapo im August 1944 die „Aktion Gitter“. Reichsweit werden ehemalige Landtags- und Reichstagsabgeordnete verhaftet. Auch Weber wird wie andere Gewerkschafter verhaftet und ins KZ Dachau eingeliefert. Mitte Oktober 1944 wird Weber entlassen. Er steht weiter unter polizeilicher Aufsicht

Kaum sind im März 1945 amerikanische Truppen in Offenbach einmarschiert, da betreibt Weber die Wiedergründung der Gewerkschaften. Fast täglich trifft er sich mit früher führenden Offenbacher Gewerkschaftern wie Theo Ankermann, Willi Buckpesch, Otto Ernst und anderen. Ende März 1945 also noch vor der Kapitulation des Deutschen Reiches wird Weber wiederholt bei der Besatzungsmacht vorstellig. Dabei geht es zunächst um Sicherheit der Nazigegner und vor allem um die Zulassung demokratischer Gewerkschaften. In mehreren Gesprächen versucht er die skeptischen Offiziere zu überzeugen. Am 12. April 1945 gelingt es einer Gruppe von Gewerkschaftern verschiedener Industriebereiche, dem für sie zuständigen Major die Zustimmung zum Aufbau freier Gewerkschaften abzuringen. Adolf Mirkes zitiert als Ergebnis der Aussprache, dass Major Shehan am Ende erklärt: „Fanget an“.

Im ersten Gespräch mit Offenbacher Industriellen im April 1945 geht es um die Wiederaufnahme der Produktion und um den Abzug der Gewerkschaftsbeiträge vom Lohn. Das alte Gewerkschaftshaus steht nicht mehr zur Verfügung. Deshalb beginnen jetzt die wöchentlichen Gespräche im Haus Kaiserstraße 101 unter dem Vorsitz von Wilhelm Weber. Und im Mai finden erste Betriebsversammlungen statt. Dabei wählen die Mitarbeiter Sprecher, Betriebsvertrauensleute und erste Betriebsräte. Vehement kämpft Weber für den Wiederaufbau der Gewerkschaften. Als im Oktober 1945 die Gewerkschaft des Metallgewerbes begründet wird wählt sie Wilhelm Weber zum Vorsitzenden. Vier Wochen später bei der Gründungsversammlung des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes übernimmt Weber ganz natürlich den Vorsitz. Der Alltag seiner Arbeit vollzieht sich unter katastrophalen Bedingungen: Lebensmittel sind knapp, nur auf Lebensmittelkarten zu erhalten – oder auf dem Schwarzmarkt. Viele Offenbacher Betriebe sind zerstört oder schwer beschädigt, wichtige Mitarbeiter sind gefallen oder noch in Gefangenschaft. Betrieben fehlt es an Maschinen, Werkzeugen und Material. Mit großem Elan unterstützen die Gewerkschaften den Wiederaufbau. Langsam kommt die Produktion wieder in Gang.  Am 1. Mai 1946 spricht Weber vom Balkon des Feuerwehrhauses bei der ersten Maifeier der Gewerkschaften nach dem Krieg. Er betont die Bedeutung des Tages für die internationale Völkerverständigung und er stellt sehr deutlich die Forderungen der Gewerkschaften heraus.

Nicht nur in Offenbach spielt Wilhelm Weber eine herausragende Rolle bei der Neuaufstellung der Gewerkschaften. Auch an der Neugestaltung der Gewerkschaftsarbeit in Hessen ist er führend beteiligt. Mit der Gründung des DGB auf Bundesebene wird er 1949 Vorsitzender im DGB-Kreisausschusses in Offenbach. 1952 übergibt er die Verantwortung an seinen Nachfolger Anton Döring. Aber er schaltet sich immer wieder bei wichtigen Anlässen ein.

Weber stirbt am 5. Oktober 1959 in Offenbach.

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